Sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
die Einbringung des Haushaltes mit dem Haushaltssicherungskonzept ist in jedem Jahr eine wesentliche Aufgabe. Sie bereitet bei unseren Haushaltsproblemen in jedem Jahr Bauchschmerzen, die aber in diesem Jahr besonders groß sind.
Um dies zu verdeutlichen:
Im Allgemeinen besuchen Schüler je nach örtlichem Angebot auch Schulen in nicht Wohnortgemeinden. Andererseits werden Schüler aus anderen Kommunen aufgenommen. Im oberbergischen Kreis besteht nach den Ausführungen der Kommunalaufsicht bei den kreisangehörigen Kommunen diesbezüglich eine, natürlich mit einer gewissen Schwankungsbreite versehene, tendenziell überwiegend ausgeglichene Situation. Hiervon unterscheide sich allerdings die Situation in Waldbröl. Dieser allgemeine Ausgleich sei nicht gegeben, weil die städtischen Schulen in erheblichem Maße Schüler aus benachbarten Gemeinden aufnehmen, während vergleichsweise wenige Schüler aus Waldbröl öffentliche Schulen in anderen Kommunen besuchen. Es werden im Saldo deutlich mehr Schüler schulisch betreut, als dies rechnerisch für die Versorgung der Schüler aus dem Stadtgebiet erforderlich wäre. Diese Aussage der Kommunalaufsicht kann anhand von zwei Parametern verdeutlicht werden: in jedem Haushaltsjahr verursacht unser Schulstandort einen Zuschussbedarf, das ist der Abgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben, von rund 3,9 Millionen €. Rund 3000 Schüler werden in den städtischen Schulen unterrichtet. Hiervon entfallen rund 800 Schüler auf Kommunen aus der Nachbarschaft. Dies entspricht einem Anteil von rund 27 %. Für diese einpendelnden Schüler entstehen uns als Schulträger Kosten für die Bereitstellung des Schulangebotes. Die Stadt Waldbröl hat laut Kommunalaufsicht zwar hier ein überdurchschnittlich gutes, anerkanntes Angebot, gleichwohl bedeute dies aber andererseits auch in erheblichem Umfang eine Kostenübernahme für die Beschulung auswärtiger Schüler.
Wie schon seit langem bekannt, reichen die Schlüsselzuweisungen über den Schüleransatz bei weitem nicht aus, diese Kostenbelastung für auswärtige Schüler zu decken. Die Kommunalaufsicht empfiehlt daher, dass die beauftragte Aktualisierung der Schulentwicklungsplanung, unter Berücksichtigung der durch die Landesregierung angekündigten Änderungen in der Schulpolitik, die Versorgung eigener und auswärtiger Schüler betrachtet und Lösungen im Hinblick auf die Kostenstrukturen aufzeigt.
Ein weiteres zentrales Thema der Haushaltsanalyse sind die Realsteuerhebesätze.
Selbstredend kommt aufgrund des hohen strukturellen Haushaltsdefizites bei der Stadt Waldbröl den Erträgen aus den Realsteuern, es sind dies die Grundsteuer A, die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer, eine besondere Bedeutung zu. Im Haushaltssicherungskonzept gehen wir davon aus, dass durch private Investorentätigkeit aufgrund der baulichen Veränderungen der städtischen Infrastruktur und damit beabsichtigten Attraktivitätssteigerungen durch das integrierte Konzept wie auch eine gezielte Vermarktung der Gewerbeflächen in Boxberg fünf (es handelte sich um GI Flächen) eine Erhöhung der für die Steuern und die Steuerverbundleistungen maßgeblichen Beträge erzielt werden kann. Die Kommunalaufsicht beurteilt unsere Vorgehensweise positiv und konstatiert, dass hiermit tatsächlich eine strukturelle Verbesserung der Ertragsstruktur erzielt werden kann; um jedoch den Haushaltsausgleich ohne weitere Haushaltsverbesserungen (zum Beispiel Steuererhöhungen) zu erzielen, reichen diese Effekte auch zusammen mit den übrigen Maßnahmen aufgrund der Höhe des strukturellen Haushaltsdefizit erkennbar nicht aus. Wir können nach Auffassung der Kommunalaufsicht weitreichende notwenige Haushaltsverbesserungen nur durch Steuererhöhungen erreichen.
Allerdings kamen unsere Überlegungen bei der Aufstellung des diesjährigen Haushaltssicherungskonzeptes nicht von ungefähr. Waldbröl ist eine strukturell schwache Kommune. Eine unterdurchschnittliche Einkommenssituation, hohe Kosten für die Schülerinfrastruktur, das nicht Vorhandensein eines Anschlusses an die überörtlichen Straßenverbindungen, hohe Abgabelasten im sozialen Bereich, eine unterdurchschnittliche Gewerbesteuer und vieles mehr verursachen unsere Haushaltsprobleme. Sparmöglichkeiten sind nur marginal. Selbst erfahrene Gewerbetreibende sind bei der Analyse unseres Haushaltes erstaunt, welchen Zwängen wir unterliegen, und dass es keine wesentlichen Einsparmöglichkeiten mehr gibt. Wir bemühen uns mit unserem integrierten Konzept, Waldbröl für die Zukunft attraktiv aufzustellen und haben damit auch erste Erfolge.
Es liegt auch nicht an den eigenen Anteilen, die wir über den Haushalt finanzieren müssen für die vielfältigen Fördertöpfe, die wir in den letzten Monaten und Jahren in Anspruch genommen haben und noch bei geeigneter Gelegenheit in Anspruch nehmen werden. Die aus dem Haushalt finanzierten Eigenanteile bringen im Gegenteil weitere Einwohner, BürgerInnen jetzt und in der Zukunft in unsere attraktivitätsgesteigerte Kommune. Die Kommunalaufsicht kommt nach ausführlicher Prüfung zu dem Ergebnis, dass sehr wohl festgestellt werden kann, dass sich aufgrund der hieraus ergebenden positiven Effekte summarisch betrachtet, keine Haushaltsbelastung aus den Baumaßnahmen ergibt, also die Finanzierung der städtischen Eigenanteile für die staatlich geförderten Baumaßnahmen, insbesondere des integrierten Handlungskonzeptes, gedeckt ist und somit die Baumaßnahmen für sich betrachtet in jedem Fall keine zusätzlichen Haushaltssicherungsmaßnahmen bedingen. Wir sind folglich auch nach dortiger Betrachtung auf dem richtigen Weg.
Jährlichen Defiziten in Millionenhöhe sind wir einfach nicht selbst gewachsen.
Parameter wie
- Kassenkredite in Höhe von aktuell 58,3 Millionen €
- langfristige Kredite in Höhe von 15,3 Millionen €
- unterdurchschnittlicher Ertrag aus der Einkommenssteuer aufgrund unterdurchschnittlicher Einkommensstruktur (Platz 363 von 396 Kommunen in NRW) Einkommensteueranteil 6,3 Mio. €
- Hebesatz der Grundsteuer B aktuell schon 590 %. Nach den Aussichten, die sie gleich von unserer Kämmerin Frau Brauer hören werden, auf über 900 % ansteigend,
- Gewerbesteuerhebesatz jetzt schon bei 570 %, landesweit an der Spitze
- Gewerbesteuereinnahme 6 Mio. €
- massiver Verlust des Eigenkapitals,
- exorbitante Belastungen durch Transferleistungen an übergeordnete Ebenen
- hoher Berufsauspendleranteil
- hoher Schülereinpendleranteil
Es sind Bedingungen, die ein Wirtschaften auf äußerst niedrigem Niveau bedeuten. Wir müssen de facto ernste Befürchtung haben, durch die Ballungsszenarien der Großstädte bei diesen Rahmenbedingungen im ländlichen Raum vollständig abgehängt zu werden. Die in der Fachwelt als Bevorteilung der Ballungsgebiete bekannte" Einwohnerveredelung" vermittelt den Eindruck, dass der Mensch in der Stadt mehr wert ist als derjenige auf dem Land, und hier gilt es für das Land unbedingt Abhilfe zu schaffen.
Gleichwohl haben wir aber auch die Verpflichtung, für unsere BürgerInnen alles zu tun, damit sie sich hier wohl fühlen, leben und arbeiten können. Eine Stadt wie Waldbröl und wie jede andere Stadt, muss sich weiterentwickeln.
Dazu gehören auch zielführende Baumaßnahmen. Im Haushalt 2018 sind deshalb auch dringende Investitionen geplant.
Leider bleibt festzustellen, dass wir ohne eine massive Steigerung der Realsteuererlöse die notwendigen Verbesserungserfolge des Haushaltes nicht erreichen werden. Der strukturelle Ausgleich im Jahr 2022 ist absolute Pflicht, auch wenn die finanziellen Belastungen des einzelnen sehr steigen müssen. Der mit dem heutigen Tag in die politische Beratung eingebrachte Entwurf des Haushaltes 2018 und der Folgejahre beinhaltet hinsichtlich der grundsätzlichen Verteilung des finanziellen Defizits eine Abkehr der seit langem bestehenden Vorgehensweise. Um die Zukunftsfähigkeit Waldbröls auch im Gewerbe- und Industriebereich sichern zu können, ist es unbedingt erforderlich, den Hebesatz der Gewerbesteuer nicht weiter wesentlich zu steigern. Unser Mittelstand mit den zahlreichen, zum Teil auch Familienunternehmen, ist eine tragende Säule Waldbröls. Eine weitergehende Steuererhöhung würde eine erhebliche Schwächung der Attraktivität unserer Stadt als Investitionsstandort für das Gewerbe und die Industrie bedeuten. Dies gilt sowohl für ansässige, als auch für neue Investoren. Insbesondere die Ansiedlung von Industrieunternehmen im neuen Bauabschnitt Boxberg, der sich gerade mit 300.000 m2 GI Fläche in der Planung befindet, würde in den nächsten Jahren unmöglich gemacht. Durch die dortige Ansiedlung von neuen Industriebetrieben und die gleichzeitige Absicht, auch bestehende Betriebe durch einen moderaten Hebesatz hier vor Ort zu halten, könnte Waldbröl in der Zukunft gewinnen. Und dies gepaart mit einem attraktiven nahegelegenen neuen Wohnbereich auf der Breuers Wiese mit dem ganzen Leistungs- und Entwicklungsportfolio unserer Stadt. Das könnte gelingen.
Lassen Sie mich am Ende meines Vortrages noch auf ein aktuelles Thema eingehen:
In den vergangenen Wochen wurden Vorwürfe gegenüber der öffentlichen Verwaltung geäußert. Danach sollen Verwaltungen z.B. kein Controlling vornehmen, nicht genug sparen oder ungenügende Sparvorschläge unterbreiten. Es wird hier ein falsches Bild vermittelt. Diese Kritik kann aus verschiedenen Gründen so nicht hingenommen werden und dieser widerspreche ich ausdrücklich.
Eine Stadt ist zum einen kein Gewerbebetrieb. Unsere Produkte und Leistungen sind dem Allgemeinwohl geschuldet. Wir unterliegen Preisbindungen z. B. für einen Personalausweis durch gesetzliche Regelungen. Wir können auch nicht einfach Produkte aus unserem Produktkatalog streichen, nur weil sie nicht abgenommen werden. Viele Verwaltungsdienstleistungen und Sozialleistungen müssen angeboten werden, ohne dass wir auf die Wirtschaftlichkeit auch nur ansatzweise achten dürfen. Zum anderen haben die Bürgerinnen und Bürger aus unserem Grundgesetz sogar auf viele Leistungen einen verfassungsmäßigen Anspruch. Ungeachtet der Landesverfassung und anderer maßgeblicher Regelungen. Die öffentliche Hand hat eben auch die Verantwortung für Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Unser soziales Geflecht ist und darf nicht auf Wirtschaftlichkeit ausgelegt sein. Natürlich achten wir auf die Effizienz des Personal- oder Sachmitteleinsatzes. Dies wird ständig überprüft, z. B. von der Gemeindeprüfungsanstalt. Oder eben im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes auch von der Kommunalaufsicht. Die machbaren und wesentlichen Einspar- und Verbesserungsvorschläge sind bereits seit langem Gegenstand des HSK.
Die Stadtkämmerin wird Ihnen nun den Haushaltsentwurf für das Jahr 2018 mit dem eingeschlossenen Haushaltssicherungskonzept bis zum Jahr 2022 konkret vorstellen. Am 6. Dezember werden wir dann eine Entscheidung über die Hebesätze fällen.