Waldbröl als Kreisstadt

Auf dem Wiener Kongress 1815 kam das Rheinland zu Preußen. Ein Jahr später trat die preußische Verwaltungseinteilung in Regierungsbezirke sowie Stadt- und Landkreise in Kraft. Sie knüpfte an die administrativen Strukturen der napoleonischen Ära an. Der neu geschaffene Landkreis Waldbröl setzte sich aus den Kantonen Waldbröl und Homburg zusammen; das Homburger Ländchen wurde aber rasch wieder ausgegliedert.

Der kurzlebige Kanton Waldbröl (1809–1815) hatte sich seinerseits in seinem Zuschnitt an den Grenzen des bergischen Amtes Windeck orientiert. Der neue preußische Landkreis führte diese Traditionslinie bis 1932 weiter. Zum ersten Landrat des Kreises Waldbröl wurde bezeichnenderweise der letzte Richter des Amtes Windeck, Heinrich Joseph Joesten, ernannt. Der Kreis Waldbröl umfasste die Bürgermeistereien Dattenfeld (mit Rosbach), Denklingen, Eckenhagen, Morsbach und Waldbröl. Im Gründungsjahr 1816 zählte er 15.109 Einwohner.

Zwei Drittel waren evangelisch, ein Drittel katholisch. Als Teil des Regierungsbezirkes Köln gehörte er zu der 1822 eingerichteten, seit 1830 so benannten „Rheinprovinz“. Für mehr als ein Jahrhundert sollte Waldbröl Sitz preußischer Landräte bleiben. Mit weitreichenden Kompetenzen versehen, haben die meisten dieser Verwaltungsbeamten eine positive Erinnerung hinterlassen: Im heutigen Waldbröl tragen vier Straßen die Namen besonders verdienter Landräte (Danzier, Maurer, Gerdes, Eichhorn). Herausgehoben sei der Landrat Karl Maurer (1816–1878), und dies nicht nur wegen seiner langen, von 1852 bis 1878 währenden Amtszeit. Er setzte das Aufbauwerk seines nur vier Jahre amtierenden Vorgängers Oscar Danzier tatkräftig und erfolgreich fort. Schwerpunkte von Maurers Wirken waren die Armutsbekämpfung, die Förderung des Schulwesens und die Verbesserung der unterentwickelten Verkehrsverhältnisse durch Straßen- und Bahnbau. Das Landratsamt verfügte lange Zeit über kein eigenes Domizil, sondern war nacheinander in verschiedenen Privatbauten untergebracht. Im Jahre 1900 konnte das repräsentative Kreisständehaus am damaligen östlichen Ortseingang bezogen werden. Die Waldbröler nannten das im altdeutschen Stil errichtete Gebäude scherzhaft „Burg Eltz“.

Als das Kreishaus 1928 einen von Prof. Peter Klotzbach entworfenen Erweiterungsbau erhielt, kursierten längst Pläne für eine Neuordnung der preußischen Landkreise. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1932 wurde der vergleichsweise einwohner- und steuerschwache Kreis Waldbröl aufgelöst (1925: 30.212 Einwohner). Die Gemeinden Dattenfeld und Rosbach wurden dem Siegkreis zugeschlagen, die übrigen Kommunen mit dem Kreis Gummersbach zum Oberbergischen Kreis vereinigt; Waldbröl verlor den Kreissitz. 1977 ließ die Kreissparkasse im Zuge eines Neubauprojektes das bis dahin als Hauptgeschäftsstelle genutzte alte Kreishaus abreißen, nur das Eingangsportal mit Inschrift überdauerte als Spolie, eingefügt in die Stützmauer des Gebäudes. Das 1891/93 erbaute und 1906 erweiterte Landratswohnhaus hingegen wurde mit Unterstützung des Handwerkervereins 1984 zum Bürgerhaus mit Sitzungsräumen und Stadtbücherei umgewidmet und 1994/96 renoviert.