Waldbröl in der NS-Zeit

Geschichtsstation Nr. 13
Standort: Auf der Kirchenhecke, Waldbröl
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Der Kreis Waldbröl blieb nach dem Ersten Weltkrieg konservativ-monarchistisch orientiert; dominierende politische Kraft war zunächst die Deutschnationale Volkspartei (DNVP). Früher als im übrigen Rheinland fanden hier nationalsozialistische Ideen Anklang. Bereits bei den Reichstagswahlen vom 14. September 1930 verzeichnete die NSDAP im Kreis Waldbröl und in den angrenzenden homburgischen Gemeinden einen Erdrutschsieg. Das Resultat auf Kreisebene (36,2 %) wurde in Gemeinden wie Waldbröl (44,1 %), Eckenhagen (54,5 %) und Nümbrecht (62 %) deutlich übertroffen. Bei den beiden Reichstagswahlen von 1932 erzielte die Hitlerpartei noch höhere Ergebnisse, die aber rheinlandweit nicht mehr den Ausnahmecharakter von 1930 hatten.

Entscheidenden Anteil an dieser Entwicklung hatte der Parteifunktionär Dr. Robert Ley (1890–1945). In Niederbreidenbach bei Nümbrecht geboren, machte er als Gauleiter Rheinland-Süd (ab 1925) das Oberbergische zu einem Schwerpunkt der Propaganda. Der rhetorisch begabte Ley trat betont bodenständig auf. Gerade die evangelische Bevölkerung der Region, darunter zahlreiche Anhänger der pietistischen Erweckungsbewegung, wusste er dank der vorgeblichen Übernahme christlicher Grundpositionen zu gewinnen.

Nach der „Machtergreifung“ von 1933 stellte sich unter vielen evangelischen Christen im Bergischen Land Ernüchterung ein. Gegen die NS-Kirchenpolitik formierte sich die Bekennende Kirche. Einer ihrer profiliertesten Vertreter, der Waldbröler Pfarrer Kuno Kruse, wurde 1936 wegen staatsfeindlicher Äußerungen zu Gefängnis verurteilt. Nach seinem Aufstieg zum Reichsorganisationsleiter der NSDAP und zum Leiter der „Deutschen Arbeitsfront“ (1932/33) hielt Ley die Verbindungen ins Oberbergische aufrecht. Auf seine Initiative hin erfolgte am 15. Januar 1938 an der Kirchen­hecke die Grundsteinlegung für eine als Eliteschule geplante „Adolf-Hitler-Schule“. Aufgrund der Kriegsereignisse wurde nur eine 700 Meter lange Stützmauer fertiggestellt. Sie trägt seit 1982 den Schriftzug „Nie wieder Krieg!“.

Im ehemaligen Baubüro des Architek­ten Clemens Klotz (1886–1969) befindet sich heute ein Schullandheim. Makulatur blieben auch Leys hochfliegende, 1940 von Hitler genehmigte Pläne, Waldbröl als Pendant der VW-Stadt Wolfsburg zur „Stadt der Volks­traktorenwerke“ umzubauen – der größten Stadt zwischen Köln und Kassel mit mehr als 100.000 Einwohnern. Unter den NS-Größen galt Robert Ley als besonders rabiater Antisemit. Zielscheibe seiner Tiraden waren schon früh die wenigen oberbergischen Juden: 1925 lebten in den Kreisen Gummersbach und Waldbröl gerade einmal 70 jüdische Bürger.

Die Erinnerung an die in Waldbröl ansässigen Familien hält seit 1990 ein Gedenkstein in der Querstraße wach. Während der Novemberpogrome 1938 wurde das Geschäft der Eheleute Bettelheiser in der Kaiserstraße demoliert. Bereits 1937 mussten Albert und Hedwig Elias ihre Metzgerei in der Quer­straße verkaufen. Beide Ehepaare verzogen nach Köln. Von dort aus wurden sie 1941 gen Osten deportiert und ermordet. Ein ähnliches Schicksal erlitt Julie Salomon, Witwe eines 1935 verstorbenen Waldbröler Viehhändlers. Rechtzeitig emigrieren konnten die Geschwister Ruth und Gustav Elias. Mit dem Einzug amerikanischer Truppen am 8. April 1945 gingen in Waldbröl Krieg und NS-Herrschaft zu Ende. Zum Gedächtnis an die Gefangenen, Vermissten und Gefallenen des Krieges errichtete die Gemeinde 1953 ein Kreuz auf dem Heidberg.